Warum sind Migrant*innen überdurchschnittlich von Prekarisierung betroffen und vermehrt mit Erwerbsarmut konfrontiert? Und dies ausgerechnet in einem reichen Land, in dem man doch so stolz auf das eigene Sozialversicherungssystem ist.
von Laura Marioli
Wer denkt, dass in der Schweiz alle gleichermassen von unserem Unterstützungsnetz aufgefangen werden, irrt sich. Unsere Strukturen sind längst nicht solidarisch und engmaschig genug gestrickt. Sie weisen Lücken auf. Durch diese Lücken fallen besonders Migrant*innen, rassifizierte Menschen, Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus und solche ohne Schweizer Pass.
In zwei Beiträgen, der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus und der Eidgenössischen Migrationskommission, zeigen Hilmi Gashi und Marie Saulnier Bloch die vielfältigen Ursachen dieses Missstandes auf und bieten gewerkschaftliche Handlungsperspektiven. Sie machen deutlich, dass die zunehmend prekäre Situation der Menschen ohne Schweizer Pass und die Mehrfachdiskriminierungen, denen sie ausgesetzt sind, zusammenhängen und sich gegenseitig bedingen.
Die Strukturen der Schweiz begünstigen eine Zweiklassengesellschaft. Die einen werden vor Armut geschützt, die anderen für ihre Armut kriminalisiert. Das ist diskriminierend und führt unter anderem dazu, dass Betroffene sich nicht an die Sozialstellen wenden, aus Angst ihre Aufenthaltssicherheit in der Schweiz zu gefährden. Dies wiederum bringt sie auf dem Arbeitsmarkt in eine noch vulnerablere Position und macht sie anfälliger für Lohndumping. Aus diesem Teufelskreis kommen die meisten nicht heraus.
Wie die beiden Beiträge belegen, findet Diskriminierung in der Schweiz auf institutioneller, gesellschaftlicher und individueller Ebene statt. Menschen, die davon betroffen sind, ziehen sich oft zurück und sind in der Gesellschaft nicht sichtbar. Es liegt in unserer kollektiven Verantwortung, gegen die anhaltende Diskriminierung zu kämpfen.
Tangram: https://bit.ly/3EVEZ4i
Terra Cognita: https://bit.ly/3AK4hzY (S 98-100)
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.