Die Pandemie trifft Menschen mit tiefen Löhnen, prekären Arbeitsverhältnissen und unsicherem oder fehlendem Aufenthaltsstatus überdurchschnittlich hart. Tausende von Anfragen und Unterstützungsgesuchen von Mitgliedern in Notlage sind für die Unia bereits seit einem Jahr ein deutlicher Beleg dafür.
Vor dem Coronavirus sind nicht alle gleich. Mehrere Studien belegen jetzt: Die soziale und rechtliche Lage der Menschen spielt eine grosse Rolle. Die Pandemie trifft wenig Verdienende härter als die Wohlhabenden – sowohl gesundheitlich als auch wirtschaftlich. Sozialmedizinische Studien des Basler und des Genfer Unispitals in Zusammenarbeit der Uni Genf und der ETH Lausanne – liefern jetzt auch wissenschaftliche Beweise.
Enge Wohnverhältnisse und Arbeitssituation begünstigen das Infektionsrisiko
Sowohl in Genf als auch in Basel liegt die Infektionsrate in Quartieren mit niedrigen Einkommen und engen Wohnverhältnissen höher als in bessergestellten Wohngegenden. Menschen mit tiefen Einkommen arbeiten oft in essentiellen Branchen wie Verkauf, Pflege, Reinigung, Transport und Logistik und nicht im Homeoffice. Dadurch steigen nebst dem Infektionsrisiko auch die psychischen Belastungen. Die Unia fordert seit Ausbruch der Pandemie die strikte Umsetzung und Kontrolle von Schutzkonzepten am Arbeitsplatz. Die Behörden müssen nun endlich die Ressourcen ausbauen und die Kontrollorgane der Sozialpartner mit einbeziehen.
Für die Unia ist es klar, dass die Personen in Isolation oder Quarantäne über ein eigenes Zimmer verfügen müssen. Wenn nötig muss das Zimmer von den Behörden zur Verfügung gestellt werden. Zudem muss die Impfstrategie sozio-ökonomische Faktoren einbeziehen. Sprich: für die Bevölkerung in exponierten Wohnlagen und Berufen braucht es rasch Impfangebote.
Sozial Schwächere stehen am Abgrund
Unabhängig vom Infektionsrisiko trifft die Pandemie die Menschen umso härter, je weniger sie verdienen. Eine Studie der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich hat gezeigt, dass die Situation für Personen aus Haushalten mit einem Einkommen unter 4’000 Franken besonders hart ist: Im Schnitt haben sie 20 Prozent des ursprünglichen Einkommens eingebüsst. Fast jeder dritte musste Kurzarbeitsgeld beziehen; 8 Prozent wurden gar arbeitslos, was im Schnitt zu einer Halbierung ihrer Einkommen führte. Auch ihre
Ersparnisse sind deutlich gesunken und jede/r Neunte musste sich verschulden, um überleben zu können. Die einkommensstärksten Haushalte konnten hingegen mehr Geld ansparen. Kein Wunder, sind auch die psychischen Belastungen ungleich verteilt: Je ärmer, desto schlechter der subjektive Gemütszustand seit Ausbruch der Pandemie.
Kollektive Lösungen statt Mikromanagement
Nur eine Strategie der Solidarität kann verhindern, dass aus der Gesundheitskrise eine akute soziale Krise wird. Politische Entscheide müssen sich stärker auf sozio-ökonomische Expertisen abstützen und die strukturellen Faktoren, die die Ungleichheit stärken beseitigen. Zum Beispiel im Ausländergesetz. Viele Betroffene könnten die Unterstützung durch die Sozialhilfe beantragen, um Budgetlöcher zu stopfen. Die meisten Ausländer*innen verzichten aber darauf, weil sie Angst haben ihren Aufenthalt in der Schweiz zu gefährden.
Um die Ungleichheiten zu beseitigen, braucht es kollektive Lösungen. Unia fordert deshalb einen 100% Lohnersatz bei Kurzarbeit bis zu einem Nettolohn von 5’000 Franken, Sozialhilfebezug darf unabhängig vom Aufenthaltsstatus keinesfalls zu Nachteilen führen. Die zunehmende sozialen Ungleichheit muss ausgeglichen werden, z.B. mit einer Solidaritätsabgabe auf Kapitalgewinne z.B. bei Dividenden.
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